Latium

Tag 33: Fahrt nach Viterbo, 370 km

Nach Sorrent wird uns klar, dass wir mit der nächsten Etappe die Heimreise angetreten haben. Unser nächstes großes Ziel ist Viterbo im Latium. Die Route führt uns wieder an Neapel und Rom vorbei, wir passieren diese Verkehrsschwerpunkte ohne irgendwelche Probleme. Als wir im Zielgebiet ankommen, ergibt sich die Möglichkeit, dass wir vor Viterbo noch Montefisascone, einen Wein-Bergort südlich des Lago Bolsena besuchen. Hier gibt es neben der schönen Altstadt bei der Weinkooperative einen Stellplatz, den wir uns anschauen möchten. Übernachtet wurde letzendlich auf dem Agricampeggio in Viterbo.

Montefiascone

Wir parken das Womo auf dem Großparkplatz unterhalb des Zentrums. Nach einigen Höhenmetern ist der Ortsmittelpunkt erreicht. Über ein wenig mehr an Besuchern hätten wir uns gefreut, wir sind momentan die einzigen Menschen hier.

Über breite Treppen erreichen wir den oberhalb des Zentrums gelegenen schattigen Park. Die Ausblicke auf die Landschaft und die unterhalb gelegene Basilika Santa Margherita sind beeindruckend. In nördlicher Richtung ist auch wieder der Lago Bolsena zu sehen.

Die Weinkooperative, die wir als nächstes anfahren, war geschlossen, der Stellplatz machte einen guten Eindruck, Allerdings waren keine anderen Camper da, das war uns dann doch zu einsam, und wir fuhren weiter nach Viterbo.

Viterbo

Agricampeggio Palliano
Agricampeggio Palliano

In Viterbo checken wir auf dem südlich des Ortes gelegenen Agricampeggio Paliano ein. Hier fühlen wir uns auch einsam, der Camping macht aber einen gut betriebenen Eindruck und so bleiben wir.

Wir blieben auch die einzigen Gäste!

Unsere Hoffnung war, dass wir am nächsten morgen den Shuttle vom Camping in den Ort nutzen können. Trotz gewisser Sprach-Barrieren hat das gut geklappt.

Tag 34: Besichtigung von Viterbo, Heiliger Wald von Bormazo und Fahrt nach Narni, 70 km

Viterbo ist eine quirlige Provinzhauptstadt, die am nächsten Morgen aber einen etwas verschlafenen Eindruck macht. Der Shuttle in den Ort wird vom Chef persönlich durchgeführt, und obwohl eine Verständigung nicht wirklich möglich ist, fühlen wir uns gut aufgehoben. Durch die Porta Romana fahren wir in die Altstadt und werden an der zentralen Piazza Plebiscito abgesetzt.

Vorbei an verschiedenen Türmen führt uns der Weg in Richtung des Papstpalastes.

Unvermittelt stehen wir am zentralen Platz des Palazzo dei Papi. Zunächst fällt der Blick auf die Kathedrale S. Lorenzo und dann auf die offene Säulenwand, hinter der sich eine Aussichtsterasse befindet. In der Kathedrale beeindrucken die exakte Symmetrie und die mystische Lichtstimmung.

Wir durchstreifen die alten Gassen. Wir sind völlig allein, bestes Fotowetter also.

Langsam kommen wir wieder in etwas belebtete Straßen.

Mit einem besonders schönen Motiv verabschiedet sich Viterbo von uns. Wir werden pünktlich abgeholt und zum Campingplatz gefahren. Unser nächstes Ziel ist der Heilige Wald von Bormazo.

Piazza San Faustino
Piazza San Faustino

Der Heilige Wald von Bormazo

Es handelt sich hierbei um eine Wortschöpfung seines Erbauers,  dem letzten Feudalherren des Ortes Bormazo. Im kleinen Wäldchen unterhalb des Ortes wurde in 30-jähriger Bauzeit ein Skulpturenpark angelegt, mit Fantasiewesen "Parco dei Mostri", Park der Ungeheuer. Die Anlage ist in Italien einzigartig.

Die erste Hürde auf dem Weg dorthin ist die Umfahrung des Bergdorfes. Die Straße führt um den Felsen herum und ist an manchen Stellen gerade mal einspurig. Aber es klappt.

Wir stellen das Womo ab und betreten den Park. Für eine Besichtigung muß man mindestens zwei Stunden einplanen.

Bergdorf Bormazo

Bormazo
Bormazo

Jetzt ist da aber noch das Bergdorf, da kann man ja eigendlich nicht dran vorbeifahren. 50 Höhenmeter weiter oben gab es auch einen Parkplatz fürs Womo.

Wir stolpern da in eine ungeplante Aktion, die uns erheblich Zeit kosten wird. Ich habe das Gefühl, dass es hier nur bergauf geht...

Völlig durchgeschwitzt erreichen wir das Womo. Wir sind jetzt so abgekämpft, dass vor der Weiterfahrt noch eine Mittagspause fällig wird. Eigentlich wollten wir heute noch weit nach Umbrien hinein, aber durch die vielen schönen Besichtigungen müssen wir jetzt auf unser Not-Ziel zurückgreifen: Narni. Der anvisierte Eurocamping liegt allerdings nicht direkt in Narni, sondern kurz davor. Dachten wir.

Narni, Camping Monti Del Sole

Camping Monti Del Sole
Camping Monti Del Sole

Dass ein Camping "Monti del Sole" vielleicht nicht direkt unten am Ort liegt, kam uns vorher nicht in den Sinn. "Der klingt ganz gut, ist offen, hat ein Restaurant, der Abend ist gerettet". Vor allem nach so einem Besichtigungsprogramm. Etwas nachdenklich wurden wir, als wir kurz vor Narni von der Hauptstraße abbogen und dann gefühlte 20 min bergauf fahren mussten. Oben dann noch suchen, und dann endlich sind wir da. Ganz oben auffm Berg.

Wir erleben an diesem Abend eine fast unglaubliche Story, schön und authentisch zugleich. Wer diese Story jetzt nicht lesen möchte, bitte hier weiter.

Man hätte im Campingführer vielleicht etwas mehr betonen müssen, dass es sich um einen einsam gelegenen, aber schönen Berg-Campingplatz handelt. Beim Einchecken fragen wir nach dem Restaurant - leider geschlossen. Aaaaaber es gäbe ganz in der Nähe ein Restaurant, zu dem wir, wenn wir möchten, hinlaufen können. Prima (unser Womo-Kühlschrank war zwar gut gefüllt, aber irgendwie hatte die Beschreibung im Campingführer unser Interesse geweckt, so dass wir eigentlich nicht am Womo essen wollten).

Später dann machen wir uns fertig und gehen mit Rucksack zur Rezeption, lassen uns den Weg zum Restaurant erklären und wollen los, da werden wir von der Seite angesprochen. Der alte Herr war der Senior-Chef. Er hat sichtbar Freude daran, mit uns zu sprechen (auf französisch??? - nur das geht) und bietet sogar an, uns mit dem Auto zum Restaurant zu fahren. Aus irgendeinem Grund haben wir eingewilligt, wahrscheinlich wollten wir höflich sein. Vielleicht war es auch Neugier. Der sehr alte Herr holt seinen Wagen und fährt uns 5 Minuten zum Restaurant (es sollten eigentlich 5 min zu Fuß sein - aber egal).

Das Restaurant ist geschlossen! Der Fußweg wäre vergeblich gewesen! Der Senior-Chef fühlt sich für das Abendessen uns gegenüber verpflichtet. "Da an diesem Wochentag offensichtlich alles zu ist, gäbe es nur noch eine Möglichkeit, er würde uns in sein Lieblings-Restaurant weiter unten im Tal fahren". Wir lehnen ab. Er diskutiert, scheinbar ist es jetzt eine Sache der Ehre, uns, seine Gäste, vollstens zufrieden zu stellen. Wir haben keine Chance.

Wir müssten jetzt kurz noch einmal zum Camping, seinen Führerschein holen und danach fährt er uns zum Restaurant. Gesagt, getan. Uns kommt der Gedanke, dass er evt. auch Spass daran hat, mit dem kleinen Auto die Bergstrassen hin und her zu fahren. Aber wie soll das gehen, er fährt uns ins Tal und wir sind dann zwei Stunden später mit dem Essen fertig - und dann? Laufen wir dann in der Nacht den Berg hoch?

All diese Fragen werden bei der Fahrt zum Restaurant beantwortet, "wir sollen uns keine Sorgen machen, er würde sich um alles kümmern, es wird alles geregelt. Und überhaupt, wenn wir im Restaurant sind, dann müssen wir dort die eine Vorspeise probieren und die andere Hauptspeise, es sei schließlich sein Lieblingsrestaurant, das sei ganz lecker, und erst der Rotwein...".

Spätestens jetzt war uns ganz klar, dass wir einen Fehler gemacht haben. Wir wollten ein Abenteuer, und jetzt bekommen wir es!!!

Trattoria Tibernia in Taizzano
Trattoria Tibernia in Taizzano

Senior-Chef bringt uns zum Restaurant, macht uns bekannt, bestellt für uns ein mehrgängiges Menü und den Wein. Nachdem er eine kurze Zeit im hinteren Zimmer verschwunden war (Weinprobe?), verabschiedet er sich sichtlich zufrieden von uns. "Es wird für alles geregelt, guten Appetit".

Es waren mit Sicherheit fünf Gänge Fleisch und Pasta, zugeschnitten auf hungrige Familen und Bauarbeiter, die mittlerweile das anfänglich noch leere Haus füllten. Alle persönlich bekannt, daher kann das Essen auch nur mega lecker werden. Und so war es. Pappsatt ordern wir Stunden später die Rechnung, bezahlen, und warten was passiert. Für den Fußmarsch im Dunkel zurück zum Camping brauchen wir bestimmt Stunden, wenn es nicht so funktioniert, wie uns in Aussicht gestellt.

Es hat aber funktioniert. Kurze Zeit später kommt ein junger Mann, stellt sich uns vor, und fährt uns zum Camping. Erst jetzt machen wir uns darüber Gedanken, wie diese Dienstleistung, der gesammte Voll-Service des Campings, entgolten werden kann. Der junge Mann nimmt kein Geld, das wäre alles mit dem Senior-Chef geregelt. Wir kommen zu dem Schluss, dass wir doch keinen Fehler gemacht haben.

Am nächsten Morgen verlassen wir den Camping. Beim Auschecken spenden wir einen angemessenen Betrag für die Kaffeekasse. Die Sonne scheint.